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TU Berlin: Coronavirus – Neue Hoffnung für Jugend- und Kinderchöre
Kinder bilden beim Singen weniger Aerosole als Erwachsene
Gemeinsames Singen im Chor ist im Laufe der letzten Monate in den allermeisten Fällen durch die Corona-Pandemie stark eingeschränkt. Verschiedene Studien belegen: Das gemeinsame Singen in geschlossenen Räumen kann zu erhöhten SARS-CoV-2-Infektionsraten führen. Die bisherigen Studien dazu wurden allesamt mit erwachsenen Proband*innen durchgeführt. Wissenschaftler*innen der Charité – Universitätsmedizin Berlin und der Technischen Universität Berlin veröffentlichen jetzt im Preprint eine Studie, die die potenzielle aerogene Virusübertragung beim gemeinsamen Singen von Kindern untersucht. Die Ergebnisse könnten dazu beitragen, die Hygienemaßnahmen für den Musikunterricht zu spezifizieren.
Die geltenden Einschränkungen für den Chor- und Ensemblegesang haben auch für den Kinder- und Jugendbereich weitreichende Konsequenzen. Gemeinsames Singen ist nicht nur obligatorischer Bestandteil schulischer Bildung, sondern ein wichtiger Faktor für die sozioemotionale Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Betroffen ist nicht nur der Musikunterricht der Schüler*innen in ganz Deutschland, sondern auch der außerschulische Bereich mit Musikschulen sowie Kinder- und Jugendchören. „In der aktuellen Pilotstudie des Hermann-Rietschel-Instituts der TU Berlin und der Klinik für Audiologie und Phoniatrie der Charité – Universitätsmedizin Berlin erheben wir erstmals Daten der Aerosolbildung für das kindliche Singen“, erläutert Prof. Dr. Martin Kriegel, Leiter des Hermann-Rietschel-Instituts.
An der Untersuchung nahmen vier Jungen und vier Mädchen des Berliner Staats- und Domchores und des Mädchenchores der Singakademie Berlin teil, die über langjährige Erfahrungen im Kinderchor verfügten. Die Untersuchungen wurden im Forschungs-Reinraum des Hermann-Rietschel-Instituts durchgeführt. Die Kinder absolvierten verschiedene Testaufgaben, wobei mit einem Laserpartikelzähler die Anzahl der gebildeten Aerosole im Größenbereich von 0,3 bis 25 Mikrometer bestimmt wurde. Parallel zur Partikelmessung wurde der Lautstärkepegel für die verschiedenen Testaufgaben aufgenommen. Als kinderspezifische Testaufgabe führten die Wissenschaftler*innen auch eine Messserie „Rufen“ durch, in der die Kinder zum „Torjubel“ wie beim Fußballspiel aufgefordert wurden.
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Aerosolemissionen auch bei Kindern beim Singen signifikant höher sind als beim Sprechen, aber stark variieren und deutlich unter den Emissionen von Erwachsenen liegen“, so Prof. Dr. Dirk Mürbe, Direktor der Klinik für Audiologie und Phoniatrie der Charité – Universitätsmedizin Berlin: „Wir nehmen an, dass verschiedene Faktoren zu den geringeren Emissionen beitragen. Neben den Effekten der Stimmstärke beim Singen der Kinder sind es die Besonderheiten der zu Grunde liegenden Schwingungsabläufe der kindlichen Stimmlippen. Diese führen nicht nur zum typischen Klang von Kinderstimmen, sondern auch zu einer geringeren Aerosolproduktion.“
„Interessanterweise haben wir bei dem sogenannten ‚Fanjubel‘ der Kinder zum Teil höhere Aerosolemissionen gemessen als beim Singen der Erwachsenen“, ergänzt Martin Kriegel.
Die Ergebnisse dieser Untersuchung sollen jetzt dazu genutzt werden, die Hygienekonzepte für das Singen im schulischen oder außerschulischen Bereich zu spezifizieren und so Rahmenbedingungen zu schaffen, die auch das gemeinsame Singen von Kinder- und Jugendchören unter bestimmten Bedingungen wieder ermöglichen. Wichtige Faktoren sind dabei Anzahl und Position der singenden Kinder, Probendauer, aber insbesondere die Raumgröße und effektive Lüftungskonzepte. Die geringere Aerosolbildung der Kinder beim Singen ist ein neuer Faktor, der nun in die Gesamtbewertung der individuellen Konzepte einfließen kann.
Mehr Informationen
Die Ergebnisse der Studie wurden vor der Veröffentlichung in einer wissenschaftlichen Fachzeitschrift als Preprint veröffentlicht:
https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2020.09.17.20196733v1