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COVID-19: Klinische Phänotypen bei Lungenversagen

Original Titel:
Identifying Clinical Phenotypes in Moderate to Severe Acute Respiratory Distress Syndrome Related to COVID-19: The COVADIS Study

Kurz & fundiert

  • Gibt es Gruppen unterscheidbarer Krankheitsmuster bei ARDS infolge COVID-19?
  • Analyse in 21 Intensivstationen in Belgien und Frankreich
  • 416 COVID-19-Patienten
  • Unterscheidung nach Komorbiditäten, Dauer der Symptome und Compliance des Atemwegssystems

 

DGP – Forscher ermittelten in Belgien und Frankreich, ob bei ARDS aufgrund von COVID-19 unterschiedliche Phänotypen, als Patientengruppen mit klar unterscheidbaren Krankheitsmustern, identifizierbar sind. Drei Phänotypen zeigten sich auf: Lang anhaltende Symptome ohne Komorbiditäten, dramatische Verläufe bei Älteren mit mehr Komorbiditäten und Frauen mit milden Komorbiditäten. Unterschiede zeigten sich nicht nur in Verlauf und Sterblichkeit, sondern auch in Lungen-/Beatmungscharakteristika, die eventuell auch für Behandlungsstrategien relevant sein könnten.


Bei akutem Lungenversagen (ARDS) wurden bereits unterschiedliche typische Patiententypen, sogenannte Phänotypen, identifiziert. Ob es auch solche Unterschiede und erkennbaren Muster bei COVID-19 gibt, ist bislang unbekannt. Forscher ermittelten dies nun in einer Patientengruppe mit moderat bis schwerem ARDS aufgrund von COVID-19.

Gibt es Gruppen unterscheidbarer Krankheitsmuster bei ARDS infolge COVID-19?

Forscher führten nun eine Beobachtungsstudie über 416 COVID-19-Patienten mit moderat bis schwerem ARDS in 21 Intensivpflegestationen in Belgien und Frankreich. Primär wurde untersucht, wie viele Patienten zum Tag 28 frei von mechanischer Beatmung waren. Sekundär wurde die Sterblichkeit zum Tag 28 untersucht sowie die Zahl der Patienten mit akuten Nierenschäden, akuten Herzschäden, Lungenembolien und tiefen Venenthrombosen. Um unterschiedliche Phänotypen zu erkennen, wurden eine multifaktorielle Analyse durchgeführt.

Analyse der Patienten in 21 Intensivstationen in Belgien und Frankreich

Drei unterschiedliche Phänotypen konnten mit jeweils 150, 176 und 90 Patienten erkannt werden. Phänotyp 1 wies keine Komorbiditäten auf, hatte eine relativ hohe Compliance (Dehnbarkeit des Atemapparats), zeigte allerdings lang andauernde Symptome. Phänotyp 2 wurde besonders bei Frauen gesehen, mit milden Komorbiditäten wie etwas unkomplizierter Diabetes oder chronischem Bluthochdruck. Phänotyp 3 zeigte sich mit einer schnellen Evolution mit schwerer Hypoxemie und wurde besonders bei älteren Patienten mit Komorbiditäten festgestellt. Die Compliance bei Phänotyp 2 war niedriger als bei Phänotyp 1, mit höherem Plateau-Druck und höherer driving pressure bei der mechanischen Beatmung. Phänotyp 3 war mit höherer Sterblichkeit assoziiert als Phänotyp 1 und 2.

Zusammengefasst waren Komorbiditäten, Dauer der Symptome und die Compliance des Atemwegssystems die Faktoren, die eine Unterscheidung von COVID-19-Patienten mit ARDS besonders ermöglichten. Alter und BMI waren dagegen nur schwach hilfreich zur Unterscheidung der Phänotypen.

Unterscheidung nach Komorbiditäten, Dauer der Symptome und Compliance des Atemwegssystems

Bei COVID-19-Patienten mit moderat bis schwerem ARDS konnten somit drei klinische Phänotypen identifiziert werden. Der dramatischste Krankheitsverlauf wurde bei älteren Patienten mit Komorbiditäten gesehen. Es ist denkbar, dass die unterschiedlichen Patiententypen auch besser mit leicht unterschiedlichen Strategien behandelt werden könnten – dies muss allerdings weiter untersucht werden.

[DOI: 10.3389/fmed.2021.632933]

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