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Erste S3-Leitlinie zur Therapie bei Autismus-Spektrum-Störungen publiziert
Unter maßgeblicher Beteiligung des Universitätsklinikum Frankfurt wurde die erste interdisziplinäre S3-Leitlinie zur evidenzbasierten Therapie bei Autismus-Spektrum-Störungen veröffentlicht. Die Leitlinie bietet insbesondere allen Professionen des Sozial- und Gesundheitssystems eine systematische Übersicht empirisch untersuchter Verfahren sowie davon abgeleiteter Empfehlungen und kann somit als konkrete Handlungsempfehlung zur Therapie des komplexen Krankheitsbildes dienen.
Am 27. April 2021 wurde die AWMF-S3-Leitlinie zur evidenzbasierten Therapie bei Autismus-Spektrum-Störungen veröffentlicht. AWMF steht für die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften. Die Leitlinie ist in fünfjähriger Zusammenarbeit von Fachgesellschaften, Berufsverbänden und Patientenorganisationen unter Federführung von Prof. Christine M. Freitag, Direktorin der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters am Universitätsklinikum Frankfurt, entstanden. Der erste Teil der Leitlinie zur „Diagnostik“ ist 2015 veröffentlicht worden. Jetzt stellt der zweite Teil zur „Therapie“ zum ersten Mal im deutschsprachigen Raum alle bis 2018 anhand kontrollierter oder randomisiert-kontrollierter Studien untersuchten Therapieansätze vor, die bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit Autismus-Spektrum-Störung eingesetzt werden. Dies umfasst psychosoziale, medikamentöse und andere Interventionen.
Therapieziele im Fokus
Die AWMF-S3-Leitlinie wurde maßgeblich von der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie e.V. (DGKJP) und der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e.V. (DGPPN) vorangetrieben. „Da Autismus-Spektrum-Störungen komplexe, chronische Störungsbilder darstellen, ist die Leitlinie nach Therapiezielen geordnet“, erklärt Prof. Freitag, die auch dem Vorstand der DGKJP angehört. „Zu diesen Therapiezielen können gezielt die empfohlenen Interventionen für unterschiedliche Altersgruppen nachgelesen werden. Zudem wurde, wenn möglich und notwendig, auch eine Differenzierung hinsichtlich der kognitiven Fertigkeiten der Betroffenen mit Autismus-Spektrum-Störung vorgenommen, da dies die Einsatzmöglichkeiten der psychosozialen Interventionen beeinflusst.“
Entscheidungshilfen für alle Beteiligten
In den Leitlinien der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften finden sich systematisch entwickelte Entscheidungshilfen für Anwender und Betroffene. Sie beruhen auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und praxiserprobten Verfahren. Leitlinien sind ein wichtiges Instrument, um die Qualitätsentwicklung im Gesundheitswesen voranzutreiben. Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften erfasst, prüft und publiziert die Leitlinien. „Die Leitlinie kann von medizinisch-therapeutischem Fachpersonal, aber auch von in Ämtern oder im Bereich der Justiz tätigen Personen, interessierten Betroffenen, Angehörigen und Laien hinsichtlich zahlreicher Fragen konsultiert werden“, so Prof. Freitag. Das vorrangige Ziel ist die Verbesserung der medizinischen Versorgung durch die Vermittlung von aktuellem Wissen, das systematisch recherchiert und kritisch bewertet wurde. Die Anwendbarkeit einer Leitlinie muss in jedem Fall individuell geprüft werden. In begründeten Fällen kann eine Abweichung von den Empfehlungen je nach Indikationsstellung, Präferenzen und partizipativer Entscheidungsfindung erforderlich sein.
Leitlinien der AWMF
Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften ist der Dachverband der Fachgesellschaften der Medizin. Die Arbeitsgemeinschaft berät und unterstützt die Fachgesellschaften und koordiniert seit 1995 die Entwicklung ihrer medizinischen Leitlinien. Nach ihrem System werden Leitlinien in vier Entwicklungsstufen eingeteilt und klassifiziert. Die S3-Leitlinie, deren Prozess sich auch die Leitlinie „Autismus-Spektrum-Störungen“ unterzogen hat, ist die aufwendigste und höchste Qualitätsstufe der Entwicklungsmethodik. Das bedeutet, dass die Leitlinie alle Stufen der systematischen Entwicklung durchlaufen hat: Sie wurde von einem repräsentativen Gremium erstellt, die Aussagen beruhen auf einer systematischen Analyse der vorhandenen wissenschaftlichen Evidenz, und sie wurde im Rahmen einer strukturierten Konsensfindung des Gremiums verabschiedet.
Publikation:
Autismus-Spektrum-Störungen
Über das Universitätsklinikum Frankfurt
Das Universitätsklinikum Frankfurt, gegründet im Jahr 1914, zählt zu den führenden hochschulmedizinischen Einrichtungen Deutschlands. Es bietet seinen Patientinnen und Patienten eine bestmögliche medizinische Versorgung in 33 Kliniken und klinischen Instituten. Der enge Bezug zur Wissenschaft – Universitätsklinikum und Fachbereich Medizin betreiben mehr als 20 Forschungsinstitute – sichert den Patientinnen und Patienten eine zeitnahe Umsetzung neuer Erkenntnisse in die diagnostische und therapeutische Praxis. Rund 1.500 stationäre und tagesklinische Betten stehen zur Verfügung. Zahlreiche Kliniken und Institute widmen sich medizinisch-wissenschaftlichen Spezialleistungen. Jährlich werden mehr als 50.000 stationäre und 200.000 ambulante Patientinnen und Patienten betreut. Besondere interdisziplinäre Kompetenz besitzt das Universitätsklinikum unter anderem auf den Gebieten der Neurowissenschaften, Onkologie und kardiovaskulären Medizin. Auch als Standort für Organ- und Knochenmarktransplantationen, Dialyse sowie der Herzchirurgie und Neurochirurgie nimmt es besondere Aufgaben der überregionalen medizinischen Versorgung wahr. Das Leberzentrum ist die einzige Einrichtung für Lebertransplantation in Hessen. Ein Alleinstellungsmerkmal gemäß Versorgungsauftrag nach dem Hessischen Krankenhausgesetz besteht für die Region Frankfurt-Offenbach neben der Herzchirurgie auch für die Mund-Kiefer- und Gesichtschirurgie, die Dermatologie und die Kinder- und Jugendpsychiatrie. Mehr als 7.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kümmern sich rund um die Uhr um die Patientinnen und Patienten.