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Erste Ergebnisse der Magdeburger Antikörperstudie zu COVID-19: Von einer breiten Immunität noch weit entfernt
Die erste Phase der großangelegten Studie der Universitätsmedizin Magdeburg (SeMaCo) ist abgeschlossen und liefert wichtige Erkenntnisse zur Verbreitung des Corona-Virus, der Dunkelziffer und der Impfbereitschaft im Großraum Magdeburg
Die Universitätsmedizin Magdeburg hat im Frühjahr 2021 bei insgesamt 2.138 Blutspender:innen aus dem Großraum Magdeburg eine Blutprobe entnommen und auf Antikörper gegen das SARS-CoV-2-Virus untersucht. Das Forscherteam um die Professoren Dr. Achim Kaasch, Leiter des Institutes für Medizinische Mikrobiologie und Krankenhaushygiene (IMMB), Dr. Hans-Gert Heuft, Leiter des Institutes für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie mit der Blutbank (ITIB) und Dr. Dr. Christian Apfelbacher, Direktor des Institutes für Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung (ISMG) hat die vorläufigen Ergebnisse der ersten Studienphase heute gemeinsam mit der Dekanin der Medizinischen Fakultät Prof. Dr. Daniela Dieterich und Wissenschaftsminister Prof. Dr. Armin Willingmann vorgestellt.
Die erste Bilanz: Bei ca. 13 Prozent der Teilnehmer:innen konnten in dem Erhebungszeitraum vom 20. Januar 2021 bis zum 30. April 2021 Antikörper gegen das Virus nachgewiesen werden. „Unsere Studie zeigt, dass wir noch weit entfernt von einer breiten Immunität in der Bevölkerung sind. Das bedeutet, dass das Virus nach wie vor viele Möglichkeiten hat, sich weiter auszubreiten“, erläuterte Mikrobiologe Prof. Dr. Achim Kaasch und hält aus diesem Grund konsequentes Testen und die Einhaltung der AHA-Regeln auch mit Blick auf den Herbst weiterhin für notwendig. Insgesamt hatten 1.895 Studienteilnehmer:innen angegeben, noch keine Impfung gegen das Virus bekommen zu haben. Dennoch konnten bei ca. 6 Prozent der ungeimpften Blutspender:innen Antikörper nachgewiesen werden. Das ist ein Zeichen für eine durchgemachte Infektion und liefert Erkenntnisse zur Dunkelziffer für den Raum Magdeburg. Laut Robert-Koch-Institut (RKI) meldete Magdeburg Ende April 6.141 SARS-CoV-2-Infektionen. „Wir können anhand unserer Studien-Daten sagen, dass zu diesem Zeitpunkt sehr wahrscheinlich fast genauso viele Fälle nicht erfasst wurden“, kommentierte Prof. Dr. Kaasch die Daten, die das Forscherteam auch in dieser Größenordnung erwartet hat. Das Feld der Blutspender:innen setzt sich aus 51 Prozent Männern und 49 Prozent Frauen aus allen Altersgruppen zusammen. Damit sind die Blutspender:innen zwar kein vollständiges Abbild der Magdeburger Bevölkerung, liefern den Wissenschaftler:innen jedoch eine gute Orientierung zu unentdeckten Infektionen.
Die Studie konnte zudem zeigen, dass die Impfbereitschaft der Studienteilnehmer:innen im Raum Magdeburg mit über 70 Prozent sehr hoch ist. Prof. Dr. Dr. Christian Apfelbacher, der mit seinem Team unter anderem die Daten der begleitenden Fragebögen auswertet, sagte: „Dieses Ergebnis macht Mut und ist mitentscheidend für die weitere Entwicklung der Pandemie.“
Bedeutsam ist zudem auch die Frage, wie lange die Immunität durch eine Impfung oder nach einer durchgemachten SARS-CoV-2 Infektion tatsächlich anhält. Dazu soll der weitere Verlauf der Studie weitere wichtige Erkenntnisse liefern. „Im Unterschied zu anderen Studien untersuchen wir unsere Blutspenderinnen und Blutspender in 4 Studienphasen über einen sehr langen Zeitraum von insgesamt 21 Monaten. In jeder Studienphase wird ein Antikörpertest durchgeführt, so dass wir den Verlauf der Antikörperspiegel sowohl bei den Genesenen als auch den Geimpften bestimmen können“, erklärte Prof. Dr. Heuft den Aufbau und Fortgang der Studie. Die Studienphasen 2 bis 4 laufen von Juli bis Oktober 2021, Januar bis April 2022 und Juli bis Oktober 2022.
„Die Universitätsmedizin Magdeburg arbeitet derzeit in 15 Forschungsprojekten zu COVID-19 daran, Stück für Stück mehr Erkenntnisse über das SARS-CoV-2-Virus zu gewinnen und beteiligt sich damit maßgeblich an der Bewältigung der Pandemie. Der Austausch und die Vernetzung von Disziplinen spielt dabei eine wichtige Rolle. In der SeMaCo-Studie wird diese Form der wissenschaftlichen Zusammenarbeit vorgelebt – hier arbeiten gleich drei unterschiedliche Disziplinen der Unimedizin erfolgreich zusammen. Unsere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler helfen mit ihrer Arbeit entscheidende Wissenslücken zu schließen und ein immer genaueres Bild von dem, was um uns herum passiert, zu zeichnen“, unterstrich Dekanin Prof. Dr. Dieterich die Bedeutung der Studie.
Wissenschaftsminister Prof. Dr. Armin Willingmann sagte: „In der Pandemie ist die Bedeutung medizinischer Spitzenforschung besonders deutlich geworden – auch damit in der Politik richtige, evidenzbasierte Entscheidungen getroffen werden können. Deshalb haben wir bei der Forschungsförderung schnell und unbürokratisch einen Schwerpunkt auf Corona gelegt und unterstützen derzeit mit knapp drei Millionen Euro aus Landesmitteln rund zehn Projekte an unseren beiden Universitäten. Zu diesen Projekten gehört auch die SeMaCo-Studie der Unimedizin Magdeburg, die Aufschluss über die tatsächliche Ausbreitung des Virus und den Stand der so genannten Herdenimmunität geben soll. Neben dieser wichtigen Aufhellung des Dunkelfeldes sind vor allem die Ergebnisse zur sehr hohen Impfbereitschaft im Lande äußerst ermutigend. Denn nur die Kombination aus weitreichender Immunität und hinreichender Kenntnis über angemessenen Infektionsschutz wird dazu beitragen, dass sich unser Leben wieder vollends normalisieren kann.“