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Der sozioökonomische Hintergrund von Kindern und Gruppentrennungen in Kitas wirken sich auf Infektionsgeschehen aus
Die Corona-KiTa-Studie bietet Anhaltspunkte für Empfehlungen:
Beschäftigte in Kitas, die vorwiegend von Kindern mit sozioökonomisch benachteiligtem Hintergrund besucht werden, sollten vorrangig geimpft werden, Kita-Gruppen weiterhin möglichst getrennt werden
Aufgrund der Coronapandemie standen Kindertageseinrichtungen in ganz Deutschland vor der Herausforderung, ihr Angebot kurzfristig und grundlegend an die neue Situation anzupassen. Im Zuge dessen wurden Öffnungszeiten gekürzt, die Anzahl an betreuten Kindern begrenzt und der pädagogische Alltag umgestaltet.
Während des Beobachtungszeitraums von September 2020 bis Juni 2021 im Rahmen der gemeinschaftlich vom Deutschen Jugendinstitut (DJI) und dem Robert Koch-Institut (RKI) geführten Corona-KiTa-Studie, wurden insgesamt jeweils nur sehr wenige neue bestätigte Corona-Fälle pro Woche unter den anwesenden Kita-Kindern und Kita-Beschäftigten beobachtet. Dennoch konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler anhand statistischer Modellierungen Merkmale identifizieren, die mit einem erhöhten Auftreten von COVID-19-Infektionen in Kitas einhergingen.
Kinder sowie Erzieherinnen und Erzieher haben ein erhöhtes Infektionsrisiko, wenn viele Kinder mit sozioökonomisch benachteiligtem Hintergrund in der Einrichtung betreut werden
So zeigte die statistische Auswertung der Infektionszahlen im Zeitraum von September 2020 bis Juni 2021, dass die Wahrscheinlichkeit, eine Corona-Infektion bei Kindern oder Erzieherinnen und Erziehern zu beobachten, in Einrichtungen mit einem größeren Anteil an Kindern mit sozioökonomisch benachteiligtem Hintergrund signifikant höher war. Für Einrichtungen mit einem Anteil von 60 Prozent und mehr an sozioökonomisch benachteiligten Kindern war die Wahrscheinlichkeit, dass sich Kinder oder das pädagogische Personal mit SARS-CoV-2 infizieren, etwa doppelt so hoch wie in Einrichtungen mit einem niedrigeren Anteil mit bis zu 10 Prozent.
Kontaktbeschränkungen senken das Infektionsrisiko
Zudem zeigte sich im Zeitverlauf, dass strikte Kontaktbegrenzungen durch die Trennung der Kindergruppen und die feste Zuweisung des pädagogischen Personals zu ihren Gruppen das Infektionsrisiko für Kinder und Beschäftigte reduzierten. Kitas, die nach eigenen Angaben ihr Gruppenkonzept hin zu mehr Kontakten zwischen den Kindern öffneten, berichteten in der Folge signifikant höhere Infektionsraten. Einrichtungen, die hingegen eine strikte Gruppenzuweisung des Personals zu den jeweiligen Gruppen einführten, hatten in der Folge ein nur halb so großes Infektionsrisiko.
Beide beschriebenen Effekte, der sozioökonomische Status sowie die Einführung beziehungsweise Aufhebung von kontaktreduzierenden Maßnahmen, waren tendenziell in der dritten Welle größer als in der zweiten. Für die Autorinnen und Autoren der Corona-KiTa-Studie könnte dies auf die seit Anfang 2021 zunehmende Verbreitung der infektiöseren Alpha-Variante (B.1.1.7) zurückzuführen sein.
Angesichts der aktuellen Ausbreitung der Delta-Variante des SARS-CoV-2-Virus leitet die Forschungsgruppe auf der Basis aktueller Auswertungen der Erhebungen die Empfehlung ab, soweit personell möglich, weiterhin auf die Trennung der Kita-Gruppen zu achten. Zudem sollte das Personal von Kitas in sozial belasteten Quartieren vorrangig geimpft werden und auch priorisiert Zugang zu möglicherweise notwendigen Auffrischungsimpfungen erhalten. „Kinder aus sozioökonomisch schwachen Familien sind besonders auf frühe Förderung angewiesen. Das Personal in den entsprechenden Einrichtungen sollte darum priorisiert geschützt und unterstützt werden, um weitere Kita-Schließungen in einer möglichen vierten Welle zu vermeiden und die sozialen Folgen der Pandemie nicht noch größer werden zu lassen,“ sagt DJI-Wissenschaftler Dr. Franz Neuberger.
Zur Corona-KiTa-Studie
Das Deutsche Jugendinstitut (DJI) und das Robert Koch-Institut (RKI) erheben mit der Corona-KiTa-Studie seit Ende August 2020 Daten zum Infektionsgeschehen in Kitas und in Kindertagespflegestellen. Im Rahmen des KiTa-Registers werden wöchentlich alle teilnehmenden Kitas und Kindertagespflegepersonen gebeten, unter anderem Angaben zum Öffnungs- und Schließgeschehen, zu Verdachts- und Infektionsfällen, dem Betreuungskonzept, zur Anzahl betreuter Kinder sowie zum Einsatz des pädagogischen Personals abzugeben. Seit dem Start des KiTa-Registers haben sich über 11.400 Kitas und knapp 2.200 Kindertagespflegestellen für das KiTa-Register angemeldet (Stand: 10.06.2021). Dies entspricht etwa 20 Prozent der deutschlandweit bestehenden Kindertageseinrichtungen beziehungsweise 5 Prozent der Kindertagespflegestellen. An den wöchentlichen Abfragen seit Ende August nehmen durchschnittlich etwa 6.000 Kitas und 1.000 Kindertagespflegestellen teil.
Originalpublikation:
https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2021.06.07.21257958v2