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Deutschland nutzt Potential einer gesundheitsförderlichen Ernährungspolitik nur unzureichend aus

Vorstellung des Food Environment Policy Index (Food-EPI) 2021

15 Prozent aller Todesfälle und 17 Milliarden Euro Gesundheitskosten pro Jahr gehen in Deutschland auf unausgewogene Ernährungsmuster zurück. Zudem verursacht das globale Ernährungssystem ein Viertel der weltweiten Treibhausgasemissionen und ist hauptverantwortlich für das Artensterben. Die Politik kann maßgeblich dazu beitragen, dass die gesunde und nachhaltige Wahl bei der Ernährung eine einfache Wahl ist. Wo Deutschland bei der Schaffung gesunder und nachhaltiger Ernährungsumfelder steht, haben WissenschaftlerInnen der Ludwigs-Maximilians-Universität München (LMU München) und des Leibniz-Instituts für Präventionsforschung und Epidemiologie – BIPS zusammen mit 55 ExpertInnen aus Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft in einem Forschungsprojekt untersucht. Dabei zeigte sich, dass Deutschland hinter seinem Potential zurückbleibt und Reformbedarf besteht. Die detaillierten Ergebnisse des Food Environment Policy Index 2021 für Deutschland stellen ExpertInnen im Rahmen einer Online-Pressekonferenz am Dienstag, den 19. Oktober 2021 von 11.00 bis 12.00 Uhr vor.

Rund ein Viertel der erwachsenen Bevölkerung hat starkes Übergewicht und rund zehn Prozent sind an Diabetes mellitus – die meisten davon an Typ-2-Diabetes – erkrankt, Tendenz steigend. „Eine ausgewogene Ernährung ist von zentraler Bedeutung für die Gesundheit und Lebensqualität jedes einzelnen Menschen. Auch für den Klima- und Umweltschutz spielt die Ernährung eine wichtige Rolle“, sagt Dr. med. Peter von Philipsborn, Wissenschaftler am Lehrstuhl für Public Health und Versorgungsforschung der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU München) und Leiter des Forschungsprojekts.

Die Politik kann eine gesunde Ernährungsweise fördern, beispielsweise durch Qualitätsstandards für die Schulverpflegung, Regeln für die Nährwertkennzeichnung oder die Lebensmittelbesteuerung. WissenschaftlerInnen der LMU München hat gemeinsam mit weiteren ExpertInnen in einem Forschungsprojekt untersucht, wo Deutschland bei der Schaffung gesunder Ernährungsumfelder steht. Dabei wurden die politischen Rahmenbedingungen mit einem strukturierten Verfahren erfasst und von den ExpertInnen mit internationalen Best Practices verglichen, um auf dieser Grundlage Reformempfehlungen zu entwickeln. Hierfür wurde der Food Environment Policy Index (Food-EPI) verwendet, ein methodisches Rahmenwerk, das bereits in 40 Ländern weltweit angewandt wird.

„Die Ergebnisse des Food-EPI 2021 zeigen, dass Deutschland aktuell weit hinter internationalen Best Practices zur Schaffung gesunder und nachhaltiger Ernährungsumfelder zurückbleibt und dringender Reformbedarf besteht“, so Philipsborn. Die AutorInnen formulieren im Ergebnisbericht Handlungsbedarf bei der Umsetzung einer qualitativ hochwertigen, gebührenfreien Schul- und Kitaverpflegung. „Ein gesundes und ausgewogenes Essen sollte für alle Kita- und Schulkinder in Deutschland verfügbar sein. Dazu brauchen wir eine flächendeckende und steuerfinanzierte Umsetzung verbindlicher Qualitätsstandards in diesem Bereich“, sagt PD Dr. oec. troph. Antje Hebestreit vom Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie, die ebenfalls an der Erstellung des Food-EPI beteiligt war.

Als weiteres Handlungsfeld identifizieren die AutorInnen eine gesetzliche Regulierung von Lebensmittelwerbung, die sich an Kinder richtet. „Kinder sehen in Deutschland jeden Tag im Durchschnitt 15 Werbespots für ungesunde Lebensmittel, davon zehn im Fernsehen und fünf im Internet. Hieran haben auch freiwillige Selbstverpflichtungen der Lebensmittel- und Werbeindustrie nichts geändert. Die Politik ist in der Pflicht, Kinder vor gesundheitsschädlicher Werbung zu schützen“, betont Barbara Bitzer, Sprecherin der Deutschen Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK).