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DKFZ/NCT/DKTK-MASTER-Studie: Molekulare Analyse unterstützt Therapieentscheidung bei seltenen Krebserkrankungen
Seltene Krebsarten sind oft schwer zu behandeln. Wissenschaftler des Deutschen Konsortiums für Translationale Krebsforschung (DKTK) und am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) in Heidelberg und Dresden konnten erstmals belegen, dass Betroffene mit seltenen Tumorerkrankungen von einer umfassenden molekularen Analyse profitieren.
Seltene Krebsarten sind oft schwer zu behandeln. Wissenschaftler des Deutschen Konsortiums für Translationale Krebsforschung (DKTK) und am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) in Heidelberg und Dresden konnten erstmals belegen, dass Betroffene mit seltenen Tumorerkrankungen von einer umfassenden molekularen Analyse profitieren. Die Forschenden untersuchten die molekularen Profile und klinischen Daten von insgesamt 1310 Patienten, von denen 75,5 Prozent an seltenen Krebsarten litten. Auf Basis von mehreren Hundert Biomarkern gab ein Ärzteteam in 88 Prozent der 1310 Fälle evidenzbasierte Behandlungsempfehlungen ab, die teilweise neue, experimentelle Therapiemethoden beinhalteten. Bei rund einem Drittel der Patienten wurden die Empfehlungen umgesetzt, was sich in einer signifikant verbesserten Überlebensrate im Vergleich zu Standardtherapien niederschlug.
Das NCT ist eine standortübergreifende Kooperation von Deutschem Krebsforschungszentrum (DKFZ) und Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD) auf der einen Seite sowie von DKFZ, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, Medizinischer Fakultät der TU Dresden und Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) auf der anderen Seite.
Krebspatienten sprechen ganz unterschiedlich auf Behandlungen an. In der Präzisionsonkologie versucht man daher, bereits im Vorfeld herauszufinden, welche individuell angepasste Therapie am erfolgversprechendsten ist. Dazu analysieren Fachleute die molekularen, zellulären und funktionellen Eigenschaften menschlicher Tumoren. Manche dieser Eigenschaften, etwa bestimmte Veränderungen im Erbgut der Krebszellen, können dann als Biomarker dienen, die die Erfolgschancen bestimmter Behandlungsansätze anzeigen. Auf dieser Grundlage trifft ein sogenanntes molekulares Tumorboard – ein Team mit vielfältiger Expertise in Onkologie, Pathologie, Molekularbiologie, Bioinformatik und medizinischer Genetik – individuelle Therapieentscheidungen.
Retrospektive Analysen zeigen, dass etwa ein Drittel aller Krebspatienten von Therapieentscheidungen auf Basis von Biomarkern profitiert. Bei seltenen Krebsarten war die klinische Relevanz präzisionsonkologischer Ansätze bisher nicht belegt. Das liegt im Wesentlichen daran, dass diese Tumorarten nur wenig erforscht sind und ihre Häufigkeit in den einzelnen Krebszentren so gering ist, dass die Patientengruppen zu klein sind für aussagekräftige Untersuchungen. Im DKFZ/NCT/DKTK-MASTER-Programm haben sich daher Zentren in ganz Deutschland zusammengeschlossen, um größere Stichproben betrachten und erforschen zu können. Denn tatsächlich machen die seltenen Krebsarten in ihrer Gesamtheit bis zu einem Viertel aller Tumorerkrankungen aus. Und anders als bei den häufigen Krebsarten wie Brust-, Darm- oder Lungenkrebs gibt es bei diesen seltenen Erkrankungen in der Regel keine oder nur wenige etablierte Therapiestandards und somit einen erheblichen ungedeckten medizinischer Bedarf.
In der prospektiven Beobachtungsstudie im Rahmen des DKFZ/NCT/DKTK-MASTER-Programms haben Wissenschaftler die vollständigen molekularen Profile und klinischen Daten von 1310 Krebspatienten analysiert. 75,5 Prozent davon litten an seltenen Tumoren. Basierend auf 472 einzelnen und sechs zusammengesetzten Biomarkern empfahl ein institutionenübergreifendes molekulares Tumorboard in 88 Prozent der 1310 Fälle eine evidenzbasierte Behandlung mit teilweise neuen, experimentellen Therapien. Die jeweiligen Empfehlungen wurden bei etwa einem Drittel dieser Patienten umgesetzt und führten zu signifikant verbesserten Gesamtansprech- und Krankheitskontrollraten im Vergleich zu Standardtherapien.
„Unsere Daten belegen den Nutzen der sogenannten molekularen Stratifizierung bei seltenen Krebsarten. Dies bildet die Basis für neue klinische Studien und erleichtert die Zulassung von Medikamenten in dieser unterversorgten Patientenpopulation,“ sagt Stefan Fröhling, Geschäftsführender Direktor am NCT Heidelberg und einer der Leiter der Studie.
Einmal mehr werde an der vorliegenden Studie deutlich, „dass das Zusammenspiel multizentrischer Netzwerke wie des DKTK für die translationale Forschung und des NCT für die klinische Forschung zu Pionierleistungen auf dem Gebiet der personalisierten Onkologie in Deutschland führen kann,“ sagt Hanno Glimm, Geschäftsführender Direktor am NCT/UCC Dresden und ebenfalls einer der Leiter der Studie. „Insgesamt haben mehr als 100 Partner zum Erfolg des Programms beigetragen,“ ergänzt Glimm. Diese repräsentieren alle Ebenen der Versorgung von Krebspatienten in Deutschland – von den onkologischen Spitzenzentren bis zu den niedergelassenen Onkologen.
Im Rahmen des DKFZ/NCT/DKTK-MASTER-Programms kooperieren neben dem NCT Heidelberg und dem NCT/UCC Dresden sechs Partnerstandorte des DKTK (Berlin, Essen/Düsseldorf, Frankfurt/Mainz, Freiburg, München, Tübingen). Das Programm dient der multidimensionalen Charakterisierung von Patienten mit fortgeschrittenen seltenen Krebserkrankungen sowie von Patienten, bei denen eine unheilbare Krebserkrankung in einem ungewöhnlich frühen Alter diagnostiziert wird. Die beteiligten Ärzte und Forscher entwickeln dazu die Charakterisierungsmethoden auf allen Ebenen weiter, zum Beispiel indem sie proteomische und epigenomische Untersuchungen inkludieren. Zusätzlich werden in Zukunft Behandlungsansätze jenseits der medikamentösen Therapie mit einbezogen, zum Beispiel die Strahlentherapie oder die Chirurgie. Ein besonderer Fokus des Programms liegt in der Entwicklung und Durchführung klinischer Studien, in denen Behandlungen überprüft werden, die sich an den Eigenschaften jeder einzelnen Krebserkrankung orientieren. Ziel dieser multidisziplinären Bemühungen ist es, möglichst vielen Patienten eine moderne, präzisionsonkologische Behandlung zu ermöglichen.
Der NCT-Standort Heidelberg nimmt dabei eine Vorreiterrolle ein, wie auch an verwandten Programmen deutlich wird – etwa der DKFZ/KiTZ/DKTK-INFORM-Studie, die sich auf Kinder mit fortgeschrittenen Krebserkrankungen fokussiert und am KiTZ (Hopp-Kindertumorzentrum Heidelberg) durchgeführt wird.
*Molecularly Aided Stratification for Tumor Eradication Research
Originalpublikation:
P. Horak, C. Heining, S. Kreutzfeldt et al. (2021) Comprehensive Genomic and Transcriptomic Analysis for Guiding Therapeutic Decisions in Patients with Rare Cancers. Cancer Discovery (a journal of the American Association for Cancer Research) DOI: 10.1158/2159-8290.CD-21-0126
Weitere Informationen:
www.nct-heidelberg.de/master
www.nct-dresden.de/forschung/nct-master-program
Kontakt für Zuweiser und Patienten: master@nct-heidelberg.de
Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg Das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg ist eine gemeinsame Einrichtung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), des Universitätsklinikums Heidelberg (UKHD), der Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg und der Deutschen Krebshilfe (DKH). Ziel des NCT ist es, vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung möglichst schnell in die Klinik zu übertragen und damit den Patienten zugutekommen zu lassen. Dies gilt sowohl für die Diagnose als auch die Behandlung, in der Nachsorge oder der Prävention. Die Tumorambulanz ist das Herzstück des NCT. Hier profitieren die Patienten von einem individuellen Therapieplan, den fachübergreifende Expertenrunden, die sogenannten Tumorboards, erstellen. Die Teilnahme an klinischen Studien eröffnet den Zugang zu innovativen Therapien. Das NCT ist somit eine richtungsweisende Plattform zur Übertragung neuer Forschungsergebnisse aus dem Labor in die Klinik. Das NCT kooperiert mit Selbsthilfegruppen und unterstützt diese in ihrer Arbeit. Seit 2015 hat das NCT Heidelberg in Dresden einen Partnerstandort. In Heidelberg wurde 2017 das Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) gegründet. Die Kinderonkologen am KiTZ arbeiten in gemeinsamen Strukturen mit dem NCT Heidelberg zusammen.
Nationales Centrum für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC) Das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC) ist eine gemeinsame Einrichtung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden, der Medizinischen Fakultät der Technischen Universität Dresden und des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR).
Das NCT hat es sich zur Aufgabe gemacht, Forschung und Krankenversorgung so eng wie möglich zu verknüpfen. Damit können Krebspatienten an den NCT-Standorten auf dem jeweils neuesten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse behandelt werden. Gleichzeitig erhalten die Wissenschaftler durch die Nähe von Labor und Klinik wichtige Impulse für ihre praxisnahe Forschung. Gemeinsamer Anspruch der NCT-Standorte ist es, das NCT zu einem internationalen Spitzenzentrum der patientennahen Krebsforschung zu entwickeln. Das Dresdner Zentrum baut auf den Strukturen des Universitäts KrebsCentrums Dresden (UCC) auf, das 2003 als eines der ersten Comprehensive Cancer Center (CCC) in Deutschland gegründet wurde. Seit 2007 wurde das UCC von der Deutschen Krebshilfe e.V. (DKH) kontinuierlich als „Onkologisches Spitzenzentrum“ ausgezeichnet.
Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK) Das Deutsche Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK) ist eine gemeinsame, langfristige Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), der beteiligten Bundesländer und des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) und wurde als eines der sechs Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung (DZGs) gegründet. Im DKTK verbindet sich das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) als Kernzentrum langfristig mit onkologisch besonders ausgewiesenen universitären Partnerstandorten und Kliniken in Deutschland. Mit dem DKFZ kooperieren Forschungseinrichtungen und Kliniken an Standorten Berlin, Dresden, Essen/Düsseldorf, Frankfurt/Mainz, Freiburg, Heidelberg, München und Tübingen, um optimale Bedingungen für die kliniknahe Krebsforschung zu schaffen. Das Konsortium fördert interdisziplinäre Forschungsthemen an der Schnittstelle zwischen Grundlagenforschung und Klinik, sowie klinische Studien zu innovativen Therapie- und Diagnoseverfahren. Ein weiterer Schwerpunkt ist der Aufbau von Forschungsplattformen, um den Einsatz personalisierter Krebstherapien zu beschleunigen und die Diagnose und Prävention von Krebserkrankungen zu verbessern.