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Schmerzen schneller ertragen mit Stromstößen: möglicher Wirkmechanismus der Nervenstimulation TENS zur Behandlung von Migräne
Original Titel:
Effects of external trigeminal nerve stimulation (eTNS) on laser evoked cortical potentials (LEP): A pilot study in migraine patients and controls
DGP – Zusammenfassend fand diese Untersuchung der Gehirnaktivität von Gesunden und Migränepatienten, dass Nervenstimulation TENS im Vergleich zu einer Scheinbehandlung Schmerzen schneller erträglicher machen kann. Dabei scheint die Behandlung auf das Trigeminussystem einzuwirken, welches bei Migräneanfällen eine zentrale Rolle spielt. Die kleine Pilotstudie bietet damit einen ersten Einblick in die mögliche Wirkweise von TENS als Prophylaxebehandlung und akute Therapie von Migräne.
Transkutane extern supraorbitale Nervenstimulation (TENS), also die Anregung eines Nervs durch die Haut oberhalb des Auges (Schläfenbereich) hindurch, gilt als eine mögliche alternative oder ergänzende Behandlung für primäre Kopfschmerzen, zu denen auch die Migräne gehört. Wie TENS funktioniert, ist allerdings noch unklar. Auch die Wirksamkeit ist bisher kaum klar belegt.
In dieser randomisierten Pilotstudie (also ein erster Test) italienischer Wissenschaftler von der Bari Aldo Moro Universität in Bari wurde die Wirkung von TENS im Vergleich zu einer Kontrollmethode (Sham-Methode genannt) getestet. Dabei wurde untersucht, wie sich eine einzelne TENS-Behandlung auf die Schmerzwahrnehmung und Gehirnverarbeitung auswirkt. Dazu wurde ein kleines Laserlicht auf die rechte Seite der Stirn sowie die rechte Hand der Teilnehmer gerichtet und so stark eingestellt, dass die Haut dort lokal schmerzte. Dieser Schmerzreiz wurde sowohl bei Migränepatienten als auch bei gesunden Kontrollen appliziert.
Kann Nervenstimulation die Schmerzwahrnehmung verändern?
17 Migränepatienten (ohne Aura) und 21 gesunde Menschen in ähnlicher Alters- und Geschlechtszusammensetzung nahmen an der Studie teil. Den Teilnehmern wurde zufällig entweder die echte TENS-Behandlung oder die Scheinbehandlung zugewiesen. Dazu wurde eine kleine Elektrode auf die Stirn geklebt. TENS wurde mit einem 60 Hz schnellen Puls mit einer Stromstärke von 16 mA über 20 Minuten hinweg durchgeführt. Bei der Scheinstimulation war die Stromstärke auf 2 mA gesenkt. Während der TENS- oder Scheinbehandlung fand die schmerzhafte Stimulation statt. Vor der Stimulation, gleichzeitig und anschließend an die TENS- bzw. Scheinbehandlung wurde die Gehirnaktivität der Teilnehmer mithilfe von Elektroden (EEG) aufgezeichnet und anschließend verglichen.
Vergleich von Migränepatienten und gesunden Kontrollen
Ein typisches Muster der Gehirnaktivität nach einem Schmerzreiz zeigt sich beispielsweise am Trigeminus-Nerv: dort zeichnet eine EEG-Elektrode Schwankungen auf, die auf die Reizweiterleitung des Nervs deuten. Die echte TENS-Behandlung veränderte das Signal an dieser Stelle messbar im Vergleich zur Scheinbehandlung. Dieser Unterschied war sowohl bei den Migränepatienten als auch bei den Kontrollen festzustellen. Auch eine weitere EEG-Elektrode zeigte Unterschiede zwischen echtem TENS und Scheinbehandlung: der Bereich des anterioren Cingulums (anterior cingulate cortex, ACC), bereits bekannt für seine Rolle in der emotionalen Schmerzverarbeitung, reagierte schwächer auf die Schmerzreize, wenn Teilnehmer mit TENS behandelt wurden, als wenn sie die Scheinbehandlung erhielten. Muss man einen Schmerzreiz über längere Zeit ertragen, gewöhnt man sich allmählich daran – wissenschaftlich ausgedrückt: man habituiert. Von Migränepatienten ist bekannt, dass sie weniger gut habituieren, also länger stark auf Schmerzen reagieren (Valeriani et al., 2003 in der Fachzeitschrift Pain erschienen). In dieser aktuellen Untersuchung nun ermittelten die Forscher anhand der EEG-Signale, wie schnell die Migränepatienten schwächer auf den Schmerz reagierten, also wie schnell sie habituierten. Dabei fanden sie, dass die echte TENS-Behandlung die Habituierung im Vergleich zur Scheinbehandlung verbesserte. Mit Hilfe von TENS schien das Gehirn der Patienten also schneller die Schmerzen ‚ausblenden‘ zu können. Damit kann die Methode eventuell für akute Migräneanfälle nützlich sein.
Veränderte Schmerzreaktion im Gehirn durch TENS bei gesunden Kontrollen und Menschen mit Migräne
Zusammenfassend fand diese Untersuchung der Gehirnaktivität von Gesunden und Migränepatienten, dass Nervenstimulation TENS im Vergleich zu einer Scheinbehandlung Schmerzen schneller erträglicher machen kann. Dabei scheint die Behandlung auf das Trigeminussystem einzuwirken, dass bei Migräneanfällen eine zentrale Rolle spielt. Die kleine Pilotstudie bietet damit einen ersten Einblick in die mögliche Wirkweise von TENS als Prophylaxebehandlung und akute Therapie von Migräne.
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